Selbst und ständig – Mythos oder Realität?

Häufig wird das Engagement Selbstständiger mit einem bedauernden „selbst und ständig“ quittiert. Doch was ist dran an diesem Mythos? Ist Selbstständigkeit immer ein 24/7 Job? Und ist Mitleid wirklich angebracht? Für die Gründerszene der Goslarschen Zeitung haben wir mal bei unseren Gründerinnen und Gründern nachgefragt.

Grzegorz Nalborczyk, seit 2018 mit GN Metall- & Schneidtechnik in Bad Harzburg am Markt, lebt mit seinem Job seine Leidenschaft. Er sagt: „Ja, irgendwie schon selbst und ständig. ABER: die Motivation ist eine komplett andere!“ Gleichzeitig lobt er die zeitliche Flexibilität, die ihm seine Selbstständigkeit bietet. „Wenn allerdings die Familie die Selbstständigkeit nicht unterstützen würde, dann wäre es schwierig.“

Auch Mike Kelling, seit 2022 Betreiber des Zipline Adventures am Bocksberg und seit 18 Jahren Inhaber der Goslarer Bimmelbahn, stellt ganz klar die Motivation in den Vordergrund: „Ich mag es, Prozesse im Ganzen zu begleiten. Als Selbstständiger habe ich die Freiheit, viele Dinge selbst zu entscheiden und auch spontan handeln zu können.“ Gleichzeitig ist für ihn die Verantwortung für seine Mitarbeiter und das hohe Risiko in wechselhaften Zeiten durchaus eine Belastung. Zumal nach seinen Erfahrungen junge Menschen häufig Work-Life-Balance vor den Teamgedanken stellen. Sein Fazit: „Es ist eine Mischung aus Enthusiasmus und Schmerzensgeld, die passen muss.“

Als Solo-Selbstständige genießt Anne Beutel die Freiheit, ihre Zeit frei einteilen zu dürfen. Sie nimmt seit gut einem Jahr mit „Rafts on Trails“ Menschen mit in die Oberharzer Natur und zum Abenteuer Packrafting auf den Stausee der Okertalsperre. „Ich sehe die Herausforderung darin, sich von dem Druck zu befreien, unbedingt sehr erfolgreich zu sein und immer alle Ideen gleich umzusetzen, auch wenn das anfangs schwierig ist.“

Marco Schmidt, seit April selbstständig mit seinem Unternehmen regioWerk, bezieht „selbst und ständig“ auf alle Erfahrungen und Eindrücke, die er bei seiner Tätigkeit täglich sammelt. Als Selbstständiger sieht er ganz klar den Vorteil: „Das Feedback eines Kunden landet direkt beim Entscheider des Unternehmens. So werden Fehler möglichst nur einmal gemacht.“

Mit ihrem Kosmetikstudio ist Leonie Heine seit April in Hahndorf am Start. Die 25-jährige hat damit ihren langjährigen Wunsch verwirklicht. Für sie steht fest: „Es ist für mich ein echtes Privileg, meine eigene Chefin zu sein und meinen Tag, mein Geschäft und mein Angebot selbst zu gestalten. Diese Freiheit bedeutet für mich mehr Lebensqualität.“ Die Aussage „selbst und ständig“ in der negativen Form unterschreibt sie nicht.

Fazit: Selbstständigkeit ist eine Herausforderung. Und je nach Branche gibt es Stoßzeiten, in denen „selbst und ständig“ Realität wird. Mit Freude, Leidenschaft und guter Planung kann eine Selbstständigkeit jedoch zu mehr Lebensqualität beitragen.

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